Sonntag, 25. Januar 2004
Bücherdieb
Die Süddeutsche berichtet über einen der wohl spektakulärsten Diebstähle aus öffentlichen Bibliotheken:
Ole F. war ein unscheinbarer Leichtalkoholiker, tätig als Beamter in der Königlichen Bibliothek zu Kopenhagen. Der Wert der dort von ihm geklauten Bücher beläuft sich allerdings auf 40 Millionen Euro.
Mit unglaublicher Dreistigkeit, hat dieser Mann über Jahre hinweg, Bücher von seiner Arbeitsstelle nach Hause getragen (einfach in der Aktentasche) und diese dann, als Rentner, unauffällig Stück für Stück verkauft, um so seinen Lebensabend zu sichern und seine Familie zu versorgen. Erst nach seinem Tod, als die Familie zu gierig und damit zu unvorsichtig wurde und immer mehr der über die Jahre angesammelten Bücher verkaufte, flog alles auf.
Der Dieb konnte sich offensichtlich begünstigt durch das achselzuckende Wegschauen seines Arbeitgebers völlig sicher fühlen:
Gelegentlich erlaubte er sich einen kleinen Scherz. Als der Bücherschwund längst in vollem Gange war, warf er einmal einem Kollegen mit feinem Grinsen die Bemerkung zu, dieser solle womöglich mal besser auf seine Luther-Sammlung aufpassen – aus der dann bald wieder ein paar Stücke verschwunden waren.

[via netbib]

Von rotula um 16:42h| 0 Kommentare |comment | Thema: Buecher

 

Samstag, 24. Januar 2004
Lateinische Wörterbücher
Man ist ständig von ihnen umgeben: In der Schule begleitet einen der Kleine Stowasser, im Studium (Mittelalterliche Geschichte) tritt der Taschen-Heinichen an seine Stelle, weil er das Mittellatein mit berücksichtigt, und wenn man wirklich intensiv philologisch arbeiten will, konsultiert man regelmäßig den Georges. Hinzu gesellen sich je nach Bedarf manchmal der Niermeyer, der Thesaurus oder auch der DuCange, manchmal auf die Schnelle auch das Mittellateinische Glossar von Habel/Gröbel (ja, ja, ich weiß ;-)). Mit der Zeit weiß man, welches Werkzeug für welche Situation das richtige ist, man identifiziert die unterschiedlichen Wörterbücher mit den jeweiligen Autoren/Herausgebern/Bearbeitern. Doch: Was waren das für Menschen? Seit wann gibt es eigentlich den Thesaurus? Gab es auch mal einen "großen" Stowasser? Auf all diese und viele weitere Fragen gibt die mit viel Liebe zum Thema und äußerster Akribie gestaltete Seite von Richard Wolf Antworten. Unbedingt sehens- und lesenswert! Biographische, bibliographische, antiquarische Daten in Hülle und Fülle, Abbildungen der Autoren, ... Klasse!

[Vielen Dank an Annette Grabowsky für den Linktipp!]

Von rotula um 23:27h| 2 Kommentare |comment | Thema: Mittelalter

 

Hungersnot 793
Eine meiner ersten Übungen zur mittelalterlichen Geschichte befasste sich mit hagiographischen Texten als Quellen zur Mentalitäts- und Alltagsgeschichte. Die Vita Benedikts von Aniane aus der Feder des Ardo haben wir damals nicht behandelt. Doch auch in diesem Text stößt man allenthalben auf interessante Stellen. So zum Beispiel auf den Bericht über eine Hungersnot:
7. (16) Es gab aber in dieser Zeit eine fürchterliche Hungersnot, viele der Armen, der Witwen und der Waisen fingen an, zu ihm (Benedikt) zusammenzuströmen und die Pforten des Klosters und die Wege zu verstopfen. Als er jene vom Hunger verzehrten, ja vielmehr schon fast vom Tod selbst verschlungenen sah, wurde er bedrückt, denn er wusste nicht, woher er eine so große Menge ernähren sollte. Aber weil denen, die Gott fürchten nichts fehlt, ließ er, bis sie neue Früchte ernteten, das, was den Brüdern genügen könnte, abgesondert zurücklegen. Dann ordnete er an, den Rest durch dafür bestimmte Brüder an den einzelnen Tagen zu verschenken. Sogar Fleisch von Vieh und Schafen wurde jeden einzelnen Tag gegeben, sogar Milch von Schafen gewährte Hilfe. Also machten sie sich Hütten an geeigneten Orten, in denen sie bis zur nächsten Ernte wohnten. Als der Speisevorrat ausging, schrieb er vor, wiederum das, was er befohlen hatte, zum Gebrauch der Brüder zurückzulegen, neu aufzuteilen; dies wurde dreimal gemacht. In den Seelen der Brüder war freilich das Gefühl der Barmherzigkeit so groß, dass sie auch gern alles hergegeben hätten, wenn es erlaubt gewesen wäre. Denn was jeder sich entziehen konnte, brachte er heimlich denen, die von Hunger erschöpft waren; und so wurden sie kaum der Gefahr des Verhungerns entrissen. Mehrmals wurde sogar jemand tot aufgefunden, der Brot im Mund hatte.
Den lateinischen Text gibt's hier. Von dort habe ich auch die Übersetzung übernommen (mit einigen kleineren Korrekturen und stilistischen Nuancen, denn bei der Webseite über die Vita handelt es sich noch um eine im Aufbau befindliche Rohfassung).

Diese Passage vermittelt doch ein recht anschauliches und vermutlich auch realistisches Bild. Deutlich wird, welche eminent wichtige Rolle Klöster für die soziale Versorgung, besonders in Krisenzeiten spielten (deutlich aber auch, dass Klöster eben diejenigen sind, die noch über Vorräte verfügen). Und wir bekommen sehr klar vor Augen geführt, wie so etwas damals konkret ablief.

Überhaupt sind viele Passagen der Vita äußerst aufschlussreich über die alltäglichen Widrigkeiten, mit denen klösterliche "Startups" damals zu kämpfen hatten (Diebstahl, Überschwemmungen, Feuersbrünste, Neid und Missgunst innerhalb des Klosters ...). Die spannende Lektüre der Vita kann ich nur empfehlen (wenn man sich mal durch die sperrige Praefatio durchgequält hat!). Die angegebene Webseite wird innerhalb der nächsten Wochen vervollständigt werden, sodass man den gesamten Text auf Deutsch lesen können wird. Auf Latein steht der Text bereits jetzt online zur Verfügung.

Im vorgegebenen Rahmen einer Übung und der dazugehörigen Webseite können verschiedene spannende Fragen nicht ausführlicher behandeln werden. Deshalb seien zu dieser Stelle hier einfach einige Materialien ergänzend hinzugefügt.

Die oben beschriebene Hungersnot könnte die weit verbreitete von 793 sein, die in verschiedenen Annalen belegt ist. Hier aber klingen die Meldungen naturgemäß ungleich lapidarer:
Et in ipsa hieme transmisit rex Karolus duos filios suos Pippinum et Ludovicum cum hoste in terra Beneventana; et facta est ibi famis validissima super populum illum qui ibi inventus est, et super exercitum qui advenerat, ita ut aliquanti nec ipsa quadragesima se ab esu carnium abstinere potuissent. Set et famis valida in Italia et Burgundia, et per aliqua loca in Francia incumbebat, necnon in Gothia et in Provincia erat famis valida, ita ut multi ex ipsa fame mortui fuissent. [Annales Laureshamenses, MGH SS 1, hg. von Pertz S. 35]
Grob übersetzt:
Und in jenem Winter schickte der König Karl [der Große] seine beiden Söhne Pippin und Ludwig mit einem Heer nach Benevent. Und dort gab es eine äußerst heftige Hungersnot, die das dort vorgefundene Volk sowie das angekommene Heer betraf. Sie war so schlimm, dass einige – obwohl Fastenzeit herrschte – nicht darauf verzichten konnten, Fleisch zu essen. Und die schlimme Hungersnot befiel Italien und Burgund und andere Gegenden im Frankenreich, und besonders auch in Gotien und in der Provence herrschte schlimmer Hunger, sodass aufgrund dieser Hungersnot viele starben.
Seltsam mag anmuten, dass man Fleisch hatte und trotzdem hungerte. Unklar ist aber, um was für Fleisch es sich genau handelte. Außerdem wurden in dieser Zeit die Fastengebote sehr ernst genommen. Die Hungersnot war vermutlich bedingt durch Mangel an Korn (Missernten). [Vgl. Abel – Simson, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen 2 (Leipzig 1883) S. 52 Anm. 1].

Die Auswirkungen dieser Krise sind auch noch in den Dokumenten der großen Synode von 794 in Frankfurt fassbar. Zumindest im Frankfurter Kapitular (MGH Conc. 2, 1 S. 165 ff.) finden sich zwei Stellen, die darauf Bezug nehmen: "Kapitel 4 berichtet von einer Entscheidung des Königs, der die Synode zugestimmt habe, durch die feste Preise für Getreide und für Brot eingeführt wurden, die in Zeiten des Überflusses ebenso gelten sollten wie in Zeiten des Mangels. Wenn es in einem Zusatz heißt, daß die königlichen Benefiziare dafür sorgen sollen, daß keiner ihrer Knechte verhungere, so beleuchtet dies eindrucksvoll die schlechte Ernährungslage vor allem der Unterschicht in jenen Jahren" [Hartmann, Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien (1989) S. 111]. Kapitel 25 befasst sich mit dem Zehntgebot. "Wohl als Hinweis auf die Bestrafung bei Zinsverweigerung ist noch hinzugefügt, daß während der schweren Hungersnot des Jahres 793 das Getreide von den Dämonen gefressen worden und weggeflogen sei, außerdem seien tadelnde Stimmen gehört worden. Der volkstümliche Dämonenglaube wurde hier von einer Synode als Disziplinierungsmittel benutzt!" [Hartmann, Synoden S. 113].

Von rotula um 16:23h| 0 Kommentare |comment | Thema: Mittelalter

 

Donnerstag, 22. Januar 2004
Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg
Heise meldet, dass teilweise hochauflösendes Bildmaterial der Royal Air Force aus dem Zweiten Weltkrieg online steht. Insgesamt soll es sich um fünf Millionen Bilder handeln, darunter Bilder von der Landung in der Normandie, von Luftangriffen und von KZs. Die Fotos werden durch die Aerial Reconnaissance Archives (TARA) an der Keele University, die dem britischen Nationalarchiv angehören, veröffentlicht.

Die Seite ist wohl ziemlich stark beansprucht, sodass ich den Link wohl erst in einiger Zeit ausprobieren werde.

Von rotula um 01:49h| 0 Kommentare |comment | Thema: Geschichte

 

Q-lympics
Lustiges Strategiespiel mit Kühen.

[via netbib]

Von rotula um 01:46h| 0 Kommentare |comment | Thema: Links

 

Romführer
Bei Libreria Editrice Vaticana gibt's aus der Feder von Elvira Ofenbach (Bibliothekarin des Deutschen Archäologischen Instituts) einen Führer zu den Heiligen Roms. Mehr dazu bei Zenit. Auf der Webseite des Verlags kann ich bislang nur die italienische Ausgabe Sulle orme dei Santi a Roma. Guida alle icone, reliquie e case dei Santi für 19,50 EUR finden.

[via netbib]

Von rotula um 01:43h| 0 Kommentare |comment | Thema: Mittelalter

 

Einstieg in RSS
Wenn ich jetzt schon ernsthaft bloggen möchte, dann muss ich mich auch mit der Technik dahinter beschäftigen: Artikel von Mark Pilgrim (xml.com) über die verschiedenen RSS-Formate mit praktischen Beispielen in Python. Der Artikel stammt von Dezember 2002, scheint mir aber immer noch nützlich.

Und hier ein RSS Tutorial für Publisher und Webmasters.

Von rotula um 01:38h| 1 Kommentar |comment | Thema: Computer

 

Bücherstadt Tübingen
Eine Auflistung und Beschreibung (teilweise mit persönlichen Anekdoten der Autorin gewürzt) der wichtigsten Tübinger Buchläden mit Verweisen zu den jeweiligen Homepages (sofern vorhanden).

Von rotula um 01:29h| 0 Kommentare |comment | Thema: Buecher

 

Last Samurai
Eine hervorragende Seite, wissenschaftlich fundiert und mit weiterführenden Hinweisen von der Fakultät für Ostasienwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.

Von rotula um 01:26h| 0 Kommentare |comment | Thema: Film

 

Australien-Blog
Christoph fährt für ein Jahr nach Australien und betreibt für diese Zeit ein eigens dafür eingerichtetes Weblog – Australien, wir kommen.

Von rotula um 01:24h| 0 Kommentare |comment | Thema: Meldungen

 

Langzeitarchivierung
Eine sehr umfangreiche Sammlung von Ressourcen zum Thema Langzeitarchivierung im Forum Bestandserhaltung (Uni Münster). Unbedingt näher angucken!

Von rotula um 01:22h| 0 Kommentare |comment | Thema: Computer

 

Gerechtes Teilverfahren
Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, wie ein Kuchen (ein Stück Land, ...) möglichst gerecht (und so, dass es von allen Beteiligten als möglichst gerecht empfunden wird!) aufgeteilt werden kann. Das Verfahren funktioniert nur für zwei oder drei Teilnehmer und bedarf eines Schiedsrichters. Anwendungsgebiete sind möglicherweise im Bereich der Politikwissenschaft zu sehen.

Von rotula um 01:19h| 0 Kommentare |comment | Thema: Meldungen

 

Wem gehört die Mona Lisa?
"Digitale Kopien von Kunst sind ein Milliardenmarkt. Verlage fürchten um ihre Existenz, Wissenschaftler um die freie Forschung". Ein Artikel der Zeit von Rita Gudermann, in dem Klaus Graf und Klaus Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, zu Wort kommen. Letzterer plant ein großes Internetportal zur Zugänglichmachung und Vermarktung von Kulturgütern, die sich im Besitz von staatlichen Einrichtungen befinden. Bereits massig Geld mit Bildrechten verdient Bill Gates mit seiner Bildagentur Corbis. Der Artikel zeigt die Zwänge, in denen sich Hüter von öffentlichen Sammlungen befinden (Auftrag vs. Sparzwänge) und schneidet die (bislang im wesentlichen ungeklärten) rechtlichen Probleme an.

Vgl. den ausführlichen Hinweis von Klaus Graf mit Zitaten.

Von rotula um 01:17h| 0 Kommentare |comment | Thema: Computer

 

Dissen
Das Wort dissen wird in letzter Zeit recht häufig benutzt. Aus dem Kontext ist jeweils erschließbar, dass es sich wohl nicht um das handelt, was unsere Doktoranden machen ;-) "Hergeleitet von 'disrespect' ist die Ablehnung und Abwertung anderer gemeint." (aus einem Duden-Newsletter).

So, jetzt weiß ich wenigstens auch bescheid.

Von rotula um 01:14h| 0 Kommentare |comment | Thema: Links

 

Kühe
Hatte ich so oder so ähnlich schonmal irgendwo gelesen, aber bevor ich's lange wieder suchen muss, hier der Link: Kühe in verschiedenen Wirtschaftssystemen.

Von rotula um 01:12h| 0 Kommentare |comment | Thema: Links

 

Spinatgratin
Rezept für Spinatgratin. Hört sich lecker an. Ausprobieren!

Von rotula um 01:03h| 0 Kommentare |comment | Thema: Links

 

Rittertum
Im Netz findet man mit einer einfachen Google-Abfrage zum Rittertum natürlich einen ganzen Haufen Links. In der Menge könnte dieser Artikel von Klaus Graf auf der Mediaevistik-Mailingliste womöglich untergehen.

Von rotula um 01:02h| 0 Kommentare |comment | Thema: Mittelalter