Montag, 15. März 2004
Caesar ist in der Stadt
Im Museum Schloss Hohentübingen läuft noch bis zum 2004-04-12 die Ausstellung Caesar ist in der Stadt. Im August 2003 entdeckten Thomas Schäfer (Tübingen) und sein italienischer Kollege Massimo Osanna (Università degli Studi della Basilicata) in einer Zisterne auf Pantelleria (einer Insel bei Sizilien) drei Marmorköpfe einer ehemaligen Kaisergalerie, wie sie in jener Zeit jede größere Gemeinde des römischen Imperiums vorzuweisen hatte. Bei den Portraits handelt es sich um Darstellungen von Julius Caesar (bemerkenswert, weil derartige Galerien meist erst mit Augustus begannen), Antonia Minor (Nichte des Augustus, Mutter des Claudius und Großmutter Caligulas) und Titus Flavius Vespasianus (Kaiser von 79 bis 81). Unklar ist, weshalb die drei Köpfe in der Zisterne gefunden wurden. Beifunde legen die Vermutung nahe, dass die Köpfe im Rahmen einer rituellen Handlung (einer Art Bestattung?) in den Brunnen gelegt wurden. Nähere Informationen gibt es bei der Universität Tübingen sowie beim idw.

Antike Marmorköpfe im Museum Schloss Hohentübingen

Stellt schon der Fund des vergangenen Jahres eine Sensation dar, so ist es nicht minder sensationell, dass die Bildnisse bereits wenige Monate nach der Entdeckung in Ausstellungen in Hamburg und Tübingen gezeigt werden können. Im Zentrum der Tübinger Ausstellung – von der hier ausschließlich die Rede sein soll – stehen naturgemäß die drei Marmorköpfe. Diese sind in einem abgetrennten Raumteil in der Mitte auf Säulen positioniert und kommen so besonders eindrucksvoll zur Geltung. Die Skulpturen sind von allen Seiten unmittelbar ohne störende Abschrankungen oder Glasplatten zu betrachten. Nett ist die Aufstellung der drei die Köpfe tragenden Säulen: Sie stehen in einer stilisierten Zisterne, und wenn man den Kopf zur Decke hin wendet, blickt man auf ein Rechteck, das der Öffnung des Brunnens, in dem die Portraits gefunden wurden, nachempfunden ist und das mit einem Wolkenbild hinterlegt ist und somit gleichsam das Blickfeld des unten im Brunnen bei den archäologischen Funden stehenden Forschers simuliert.

Blick aus der "Zisterne", dem Fundort der Marmorköpfe

Mehr über die Entdeckung erfährt man im benachbarten Raumteil. Ein am fraglichen Tag zufällig anwesendes Kamerateam des ZDF konnte das Auffinden der Marmorköpfe filmen. Ein Ausschnitt dieses Films ist in der Ausstellung zu sehen. Ergänzt wird die Ausstellung durch einige informative Wandtafeln. Anzuraten ist der Erwerb des hochwertigen und sehr informativen Katalogs mit zahlreichen ergänzenden Hintergrundberichten. Weitere Funde, die im Rahmen der Grabungen in dieser Zisterne gemacht wurden und vielleicht wertvolle Hinweise darauf geben könnten, weshalb diese drei Köpfe ausgerechnet in einer Zisterne vergraben wurden und in welchem Kontext die Köpfe vorher gestanden haben, sind leider nicht zu sehen. Das wäre allerdings auch zu viel verlangt, bedenkt man die Kürze der Zeit zwischen Auffindung und Ausstellung.

Wenn man einmal davon absieht, dass es sich ohnehin lohnt, bei einem Besuch in der Tübinger Ausstellung gleich auch einen Rundgang durch das gesamte Museum anzuschließen, kann man zumindest dringend nahelegen, zu Anfang einen Abstecher in die parallel (noch bis 2004-06-27) stattfindende Ausstellung "Der Tod des Gaius Caesar – Familientradition und Politik zwischen Republik und Prinzipat" zu unternehmen. Die Ausstellung zeigt anlässlich des zweitausendsten Todestages vor allem Bildnisse (Münzen, Reliefs, Portraits) von Gaius Caesar, dem Enkel und auserkorenen, letztlich aber zu früh verstorbenen Nachfolger des Augustus. Auf den Wandtafeln finden sich wertvolle Hinweise, wie man auf Portraits der Kaiserzeit die Stirnlocken der dargestellten Herrscher zu deuten hat – Grundlagen, die die Betrachtung der Marmorköpfe aus Pantelleria zu einem noch größeren Gewinn werden lassen.

Von rotula um 03:19h| 2 Kommentare |comment | Thema: Geschichte

 

Freitag, 12. März 2004
Ausstellung zu Kreuzzügen in Mainz
Das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum Mainz zeigt vom 2. April bis 30. Juli 2004 eine Ausstellung zu den Kreuzzügen. Informationen auch bei Landeskunde online.

Von rotula um 21:06h| 2 Kommentare |comment | Thema: Mittelalter

 

Samstag, 6. März 2004
Digitalisierungsprojekte Alter Drucke
Auf dem CEEC-Workshop (vgl. Ankündigung in Rotula) äußerte sich Klaus Graf zum gegenwärtigen Stand von Digitalisierungsprojekten Alter Drucke. Seine heftige, aber sicherlich zutreffende Kritik ist im Volltext erhältlich.

Graf moniert den (selbstverschuldeten!) mangelnden Bekanntheitsgrad vieler Digitalisierungsprojekte, die unzureichende Sacherschließung, die Benutzerunfreundlichkeit vieler Präsentationen, die an der Forschung vorbeigehende Auswahl der Werke und die Vernachlässigung der Provenienzforschung. Außerdem fordert er die Einhaltung der Richtlinien des Open Access.

Der Vortrag ist präzise formuliert, (soweit ich beurteilen kann) treffend in seiner Kritik und außerdem gut lesbar. Eine möglichst weite Verbreitung dieser Gedanken ist unbedingt wünschenswert.

[via netbib]

Von rotula um 11:19h| 1 Kommentar |comment | Thema: Computer